Wir sind sehr stolz, dass wir am Sonntag, dem 23.04.2023 das 375. Jubiläum des Westfälischen Friedens auf dem Platz vor dem Rathaus eröffnen durften. Ein Jahr lang hatten wir uns darauf vorbereitet und vier Wochen intensiv in einem größeren Team daran gearbeitet. Und wir freuen uns, dass wir diese Arbeit nun dem Osnabrücker Publikum präsentieren konnten.
Wir stehen voll und ganz hinter dem Projekt und jedem Moment unserer Show. Alle Dinge sind im Kollektiv künstlerisch entschieden worden und so treten wir als Gemeinschaft auf. Eine Gemeinschaft, die auch das Bild repräsentiert, dass wir künstlerisch schaffen wollten.
Im Laufe der Performance haben wir eine eigens für Osnabrück entstandene Friedenstaube über den Platz fliegen lassen. Als Marionette an Fäden war sie unser Symbol für den Frieden, der aber angesichts der schon immer brüchigen Welt oft keinen Bestand hat. Und so starb stellvertretend auch unsere Friedenstaube. Sie stürzte nicht einfach ab, sie fiel nicht nur vom Himmel. Nein, sie wurde erbarmungslos vom Himmel gerissen, während ihr Körper sich mit Blut tränkte.
Auf ein paar Wenige hat das sicher brutal gewirkt. Auf viele der Performer*innen in unserem Team ist dieser Anblick eine Metapher auf ihr Leben. Sie kommen oder haben familiäre Bezüge beispielsweise in den Kongo, in die Ukraine oder in den Iran und sind in Ihrer Vergangenheit immer wieder Augenzeug*innen von realer Brutalität geworden oder haben selbst Familie in Kriegen und Konflikten verloren.
Das Motto „Geschichte reflektieren, Zukunft neudenken“ der Stadt Osnabrück zum Friedensjubiläum war uns in unserer gesamten Arbeitszeit ein Leitspruch. Wir haben die Geschichten vieler Menschen reflektiert und in diese Friedenstaube gepackt. Das mag auf Einige extrem wirken, sicher auch auf Kinder. Aber, was unsere Protagonist*innen als Kinder erlebt haben übersteigt dieses Extrem um Einiges. Für die, die dennoch damit ein Problem haben und hatten, sind wir da. Mit denen sprechen wir gerne. Mit Eltern und Kindern. Und wir erzählen gerne, warum dieses Bild uns so immens wichtig war.
Aber, wir enden unsere Performance eben auch nach dem Motto der Stadt und denken die Zukunft neu. Wobei das Neudenken nicht wirklich neu ist. Es liegt auf der Hand. Jede Person kennt den Ausweg, aber das Erinnern daran kann nicht oft genug erfolgen. Es ist die Gemeinschaft. Das Wir.
Bei uns treten nach dem Tod die Maden auf. Sie stehen für unser Team für das Positive nach dem Krieg, nach dem Tod. Sie lassen das Leben auferstehen als kollektives Unterfangen. Als Gemeinschaft. Sie trugen bei uns auf dem Kopf die „Skyline“ der Altstadt, die Treppengiebel der Bürgerhäuser und damit ein Sinnbild für die Friedensstadt Osnabrück. Die Gemeinschaft, die unsere Stadt zusammenhält und damit ebenso ein Zeichen für den Frieden ist. Die Königin der Maden entpuppt sich und steht am Ende farbenfroh auf der Rathaustreppe. Sie gibt den Takt an und ist die Repräsentantin der Zukunft. Gemeinsam mit ihrem Enthusiasmus und ihrer positiven Energie starten wir in diese Zukunft.
Und so bleibt als letztes Bild stehen, wie die Bürger*innen unserer Stadt das Schwert des Arminius aus dem Teutoburger Wald neugestalten. Es bleibt trotz allem ein Symbol des Abwehrkampfes. Aber ist es noch ein Schwert? Oder schon längst einfach nur eine Metapher auf unsere Gemeinschaft in dieser – unseren – Stadt. Eine Gemeinschaft, die den Absturz der Friedenstaube überwunden hat, weil sie die Bilder der Vergangenheit reflektiert. Die stark und als Einheit am Horizont und 16 Meter hoch neben dem Rathaus steht, neu denkt und laut über den Platz ruft: Peace! Kimyá! Fred! Мир! Pokój! Pau! Frieden! Solh!
Fotos: Swaantje Hehmann